Bayern / Ostbayern28.02.2018Ostbayerns Whiskybrennereien kommen mit der Produktion nicht nach
Für Außenstehende haben die Bayern und die Schotten viel gemeinsam: Sie gelten als zwei besonders selbstbewusste Volksstämme. In ihrer Traditionspflege sind sie gelegentlich eigentümlich bis hin zur Skurrilität: die einen als Dudelsackpfeifer im Rock, die anderen schuhplattelnd in der Lederhose. Selbst in ihrer Sprache finden sich so manche Übereinstimmungen. Die Zuneigung, die beide Volksstämme aufgrund der vielen Gemeinsamkeiten heute verbindet, könnte demnächst womöglich Risse bekommen. Die Bayern, vor allem die Ostbayern, blasen zum Angriff auf eine typisch schottische Bastion: das Brennen des schottischen "Lebenswassers", den Whisky - mit wachsendem Erfolg.
Sie heißen "Stonewood 1818", "Coillmor" oder "Slyrs", und haben mit ihren schottischen Vorbildern eines gemeinsam: Die bayerischen Whiskys sind aus reinem Gerstenmalz in bester schottischer Tradition gebrannt und rar. Die Nachfrage nach dem ostbayerischen Gerstenbrand mit der großen Tradition ist regelmäßig größer als das Angebot und deshalb sind die Raritäten oft monatelang ausverkauft. Entsprechend hoch sind die Preise mit 46 bis 120 Euro pro Flasche - ein Niveau, von dem viele der heute rund einhundert Brennereien in Schottlands Highland und Lowland nur träumen können. Viele hundert mussten dort in den letzten Jahren wegen mangelnder Rentabilität ihren Betrieb einstellen.
Der "Stonewood" kommt, wie die Übersetzung ahnen lässt, aus dem Steinwald, der Oberpfalz, genauer aus dem Bergbaustädtchen Erbendorf und der dort angesiedelten ältesten bayerischen Brennerei. Martin Schraml, einer der Geschäftsführer des Unternehmens, verweist stolz darauf, dass das Rezept für seinen Bavarian Single-Grain-Whisky mit den kräftigen 45 Alkohol-Prozenten bereits vor 150 Jahren von seinem Urahn entwickelt wurde. Zehn Jahre reift der "Stonewood 1818" in Eichenfässern, bei üblichem Konsumwhisky sind es in der Regel zwei bis vier Jahre. Die Fachwelt überhäuft die Steinwald-Brennerei mit Auszeichnungen: Die renommierte "Whisky-Bibel" Jim Murray"s führt ihn beispielsweise in der Kategorie "brilliant".
Der edle Tropfen ist eine echte Rarität: Nur wenige hundert Flaschen füllt die Oberpfälzer Traditionsbrennerei jedes Jahr ab. Das ist inzwischen viel zu wenig, um die Nachfrage zu befriedigen: Mehrere tausend Bestellungen liegen nach Angaben der Destillerie vor. "Das ist weit mehr, als wir liefern können", sagt Martin Schraml. Bis ins Jahr 2021 hin ist der "1818" komplett ausverkauft - und das, obwohl der Flaschenpreis in den vergangenen sieben Jahren auf 120 Euro stieg und sich damit fast verdoppelte. Einzelhändler hätten ihm vorgehalten, er würde seinen Whisky viel zu günstig verkaufen, erinnert sich der Geschäftsführer.
Der erste Bayerwald-Single-Malt wird in der Whisky-Destillerie Liebl im Kurort Bad Kötzting gebrannt. Die Landschaft, "der große Wald"- gälisch "Coill mor", gab diesem aus bayerischer Sommergerste gebrannten Oberpfalz-Whisky seinen Namen. Seit 2009 ist er auf dem Markt. Ein junger Blended Whisky, der bereits nach dreijähriger Lagerung in 225-Liter-Fässern aus amerikanischer Weißeiche auf den Markt kommt. Mit seiner Aromenfülle, die an Vanille, Biskuit und Schokolade erinnert, verblüfft dieser rauchige "Jüngling" aber durch seine ungewöhnliche Milde. Beflügelt vom Erfolg des Premieren-Whiskys hat Liebl in den vergangenen Jahren sein Sortiment deutlich erweitert. Begehrte Spezialitäten sind unter anderem der acht Jahre in Portwein-Fässern gelagerte Coillmor Single Malt oder der (derzeit ausverkaufte) sechs Jahre im Sherry-Fass gereifte Single Malt, prämiert unter anderem beim World Spirits Award.
Das Geheimnis des Erfolgs des Oberpfälzer Whiskys ist nach Überzeugung der bayerischen Whisky-Brenner das klare Felsquellwasser und das erstklassige bayerische Gerstenmalz, das auch bayerisches Bier weltberühmt gemacht hat und das der schottischen Konkurrenz in nichts nachsteht. Anders als manche der Großproduzenten jenseits des Kanals verzichten die Oberpfälzer Whisky-Brennereien auf die Zugabe von Zuckercouleur und setzen auf die Qualität der kleinen Mengen.
Die Schotten als Erfinder des Whiskys können das Geschehen in der Oberpfalz nur neidvoll beobachten: Anders als die Franzosen mit ihrem "Cognac" haben es die Schotten versäumt, ihr "Lebenswasser" als Ursprungsbezeichnung schützen zu lassen. "Bavarian Whisky" hat damit die besten Aussichten, die Bars und die Herzen der Whisky-Liebhaber in aller Welt zu erobern.
Foto: obx-news/Schraml
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