Bocksbeutel PS geht an den Start
Bocksbeutel PS geht an den Start
Bayern / Franken / Würzburg
08.03.2016
Geschichte und Zukunft begegnen sich

 

In diesem Jahr geschieht Großes im Weinland Franken: der für das Weinland typische Bocksbeutel wurde vom Stardesigner Peter Schmidt neu aufgelegt und präsentiert sich mit deutlich breiteren Schultern und charismatischer Linienführung. Damit beginnt ein neues Zeitalter in der bekannten Wein- und Urlaubsregion rund um Würzburg und Iphofen. Bis die Vorfreude auf den grandiosen Jahrgang 2015 und das neue Schmuckstück der fränkischen Winzer dann schließlich im Sommer mit den ersten gefüllten Bocksbeuteln PS belohnt wird, feiern die Franken große Feste: das Weingut Staatlicher Hofkeller Würzburg wird 888 Jahre alt. Es hat den schönsten Fassweinkeller Europas und liegt direkt unter dem UNESCO-Weltkulturerbe der Würzburger Residenz. Im Weingut Fürstlich Castell’sches Domänenamt in Castell am Steigerwald nahe Iphofen wurde vor 750 Jahren der erste Weinstock gepflanzt. Und die Urkunden im bekannten Weingut Bürgerspital zum heiligen Geist im Herzen Würzburgs belegen die Gründung der Bürgerspital-Stiftung vor 700 Jahren. Tief reichen die Wurzeln der Weingeschichte Frankens bis weit hinein ins Mittelalter.

Raue Zeiten, fragwürdige Speisekarten – aber: es gab Wein! 

Das Mittelalter war ganz sicher keine kultivierte Zeit in Sachen Genuss. Auf dem Speiseplan standen zwar ähnliche Tiere wie heute, aber auch Igel und Eichhörnchen wurden verzehrt, sowie Störche oder Kraniche. Zu jeder Mahlzeit aß man Hirse, Buchweizen oder Dinkel und Brot gab es eher in Form eines Fladens, denn als Laib. Der Sauerteig war noch nicht erfunden. Außer Rüben und Kohl gab es wenig Gemüsevariation und die Kartoffel folgte erst um die 600 Jahre später. Wer es sich leisten konnte, trank in Norddeutschland Bier, in Süddeutschland hauptsächlich Wein zum Essen und auf Festen. Immerhin! Und genau in dieser kruden Zeit wurden die Grundsteine für drei fränkische Betriebe gelegt, die heute die Wein-Kultur-Landschaft in Franken und darüber hinaus wesentlich prägen.

Voller Geschichte und Geschichten: Der Staatliche Hofkeller

Der heuer 888 Jahre alte Staatliche Hofkeller reicht zurück auf eine Schenkungsurkunde des Würzburger Bischofs Embricho aus dem Jahr 1128, der zur Gründung eines Klosters den “Brüdern Johannes und Heinrich und den übrigen Ordensbrüdern” ein Grundstück in Zell schenkte. Es war die Zeit des Minnegesangs – der großen Volks- und Kunstepen wie Nibelungenlied, Gudrunsage oder Parzival. Man sprach und schrieb Mittelhochdeutsch. Die Schenkung des “Fürstbischöflichen Hofkellers” hatte Bestand bis zur Säkularisation, die 1802 einsetzte. 1814 fiel der gesamte Weinbergsbesitz des Fürstbischofs an die bayerische Krone und nannte sich nun “Königlich Bayerischer Hofkeller”. Das Ende der Monarchie in Bayern 1918 leitete über zum selbstständigen bayerischen Staatsweingut “Staatlicher Hofkeller Würzburg”. Der Staatliche Hofkeller ist eines der ältesten Weingüter der Welt. Das Herz des Staatsweingutes schlägt in der Frankenweinmetropole Würzburg.

Castell feiert 2016 gleich zwei Jubiläen 

Im Weinort am Steigerwald feiert man in diesem Jahr 1.200 Jahre Castell und 750 Jahre Casteller Lagen. Hier wurden im Jahre 1659 auch die ersten deutschen Silvaner-Reben gepflanzt. Das entsprechende 350jährige Jubiläum hatte man in Franken im Jahr 2009 würdig gefeiert. Das Fürstlich Castell’sche Domänenamt hat – wie in jedem Jahr – einen gut gefüllten Veranstaltungskalender konzipiert und auch die Gemeinde feiert sich. Mit dem „Spectaculum-Castell“ wird ein Mittelaltermarkt im Schlosspark von Castell vom 3. bis 5. Juni 2016 auf die Beine gestellt. Hier kann man sich mit Marktständen und Lagergruppen auf eine lebhafte Zeitreise begeben.

700 Jahre Bürgerspital Würzburg: Eine der ältesten Stiftungen der Welt

Die Geschichte des Bürgerspitals begann im 14. Jahrhundert, als es noch die Pest gab und weder der Buchdruck erfunden noch Amerika entdeckt waren. Das Würzburger Patrizierehepaar Johannes und Mergardis von Steren überließ um 1316 ein Anwesen am Standort Semmelstraße, Ecke Theaterstraße, um dort kranke Christgläubige, Arme und Pilger zu pflegen. Über die Jahrhunderte wurde das Bürgerspital stetig mit Zustiftungen von Würzburgern bedacht und gelangte so in den Besitz zahlreicher Liegenschaften und der Weinberge mitten im Würzburger Stadtgebiet und Randersacker. Deren Verwaltung und Bestellung sind auch heute noch die wirtschaftlichen Hauptsäulen der Stiftung. Das Weingut gehört mit 120 Hektar zu den ältesten weinbaubetreibenden Stiftungen der Welt.

Wanderer durch alle Zeiten: Vom Botschafter zur Ikone

Und wer begleitet diese lange Geschichte des Frankenweins seit mindestens 3.000 Jahren? Es ist der Bocksbeutel – oder, um historisch korrekt zu sein: eine bauchige Kugelflasche. Zunächst war das Behältnis für Flüssigkeiten, die Urflasche sozusagen, nämlich aus Leder oder aus Ton. Sie war rund und abgeflacht, damit sie nicht wegrollen konnte. Die ersten Tongefäße dieser Art stammen aus der Zeit um 1.400 vor Christus, wohl aus dem Mittelmeerraum. Sie wurden von den Männern am Gürtel getragen und waren entweder mit Wasser oder Wein gefüllt. Auch die Pilger, die ab dem dritten Jahrhundert und vermehrt im Mittelalter auf Achse waren, mochten die bauchige Flasche weil sie praktisch war. Was den Bocksbeutel aus Glas betrifft, so stammt die älteste gefundene Abbildung davon aus dem Jahre 1576. Knapp zweihundert Jahre später beschlossen die Franken, diese Form ausschließlich mit ihren besten Weinqualitäten zu befüllen: 1728 begann ein Prozess, der den Wein in der Kugelflasche auszeichnen sollte; der Brief und Siegel gab für die besondere Qualität des Frankenweins im Bocksbeutel. Damit wurde die markante Flasche zum Botschafter für besondere Weine. Diesen Akt, dieses Qualitätsversprechen haben die Franken gerade mit der aktuellen Formvollendung des Bocksbeutels erneuert. Mit dem Bocksbeutel PS ist der Frankenwein in der Zukunft angekommen.

Foto: Haus des Frankenweins, Rolf Nachbar


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